Freitag, Dezember 18, 2009

Xin Chào aus Tra Vinh

Morgen heißt es Abschiednehmen von der beschaulichen Kleinstadt Tra Vinh mitten im Nirgendwo im Mekong-Delta. Heute abend geht es erst einmal mit dem Moped ab in eine Nachbarprovinz Soc Trang zu einer weiteren "offiziellen" Weihnachtsfeier, dort wird dann übernachtet und dann geht nochmal kurz zurück nach Tra Vinh um die Sachen zu packen und dann den Nachtbus nach Saigon zu nehmen. Von dort heißt es dann - ab auf die Insel Con Dao für fünf Tage mit Strand, Palmen und Meer. Danach wird es höchstwahrscheinlich einen Abstecher ins Hochland geben um schließlich in der Umgebung von Hue die Reise zu beschließen.
Die Tage in Tra Vinh waren sehr schön, es gibt zwar keine großen Sehenswürdigkeiten, aber die Einheimischen bei ihrem alltäglichen leben zu beobachten, ist schon aufregend genug. Die Stadt schwankt zwischen Moderne und Altem, große Regierungsgebäude mit Fahnen und Bannern stehen neben Blechhüten. Überall bekommt man etwas zu essen. Überhaupt nimmt essen und gegebenfalls einen Kaffee oder Tee trinken als Freizeitbeschäftigung die meiste Zeit der Vietnamesen in Anspruch. Tagsüber steigt die Temperatur auf gut 30 Grad und das im Winter. Zum Glück ist es momentan nicht drückend schwül sondern recht angenehm windig und trocken. Die Temperaturen sind wohl auch der Grund für die Verschiebung der Lebenszeiten. Um fünf Uhr morgens, es dämmert bereits, bläst fröhlich die Trompete wie beim Militär zum Aufstehen. Meist wird dann Sport gemacht, ob joggen, Tennis spielen oder auch Fächertanz ist alles dabei während die Händler ihre frühstücksstände aufbauen. 9 uhr ist somit mitten am Tag. die meisten Vietnamesen haben eine lange Mittagspause, in der sie sich was zu essen machen bzw. in den zahlreichen essenslokalen am Straßenrand sitzen. Danach gibt es erstmal eine Siesta, bevor es bis zirka 21 uhr abends mit dem arbeiten weitergeht. dann wird noch gegessen oder ein bißchen mit dem Moped durch die Stadt gefahren bevor es ab ins bett geht. Schlagartig sechs Uhr ist es auch bereits dunkel, was ganz angenehm ist, wenn ich mit Anja noch ein wenig bummeln gehen möchte, da man dann die Blicke und das angestarrt werden nicht so mitbekommt. durch die Abgelegenheit Tra Vinhs ist man hier als europäer noch ein echter Star - jetzt kann ich mich in ein wenig in die Lage von Stars und Sternchen hineinversetzen, denen auch in unserem Lande noch aufdringlichere Aufmerksamkeit zugedacht wird.
Wenn das mit dem Essen hier zu weitergeht, komme ich übrigens kugelrund zurück. Ich wünsche euch allen viel Spaß beim Weihnachtswichteln. Nächste nachrichten kommen demnächst...

Montag, Dezember 14, 2009

Gut gelandet

Ich bin nach einer ziemlich anstrengenden Reise gut in Hanoi angekommen und konnte Anja nach einer kurzen Wartezeit im Hotelzimmer endlich in die Arme schließen. Am Abend meiner Ankunft waren wir dann gleich auf einer "deutschen" Weihnachtsfeier der GTZ in Hanoi mit Riesenbuffet, Bratapfel, Sauerkraut, Rotkohl und was so dazu gehört bzw. was die Vietnamesen glauben, das es dazu gehört. War aber ein guter Einstieg, obwohl ich völlig erledigt von der Reise war. Am samstag haben wir dann ein bißchen Hanoi erkundet, eine chaotische Stadt, aber auch sehr interessant. Ich war erstmal überwältigt vom Verkehrsgetümmel und Menschen, Menschen überall. Dagegen ist Berlin ein beschauliches Kleinstädchen, wenn man das Leben auf der Strasse betrachtet. Der Hauptteil des Lebens scheint hier vom essen bestimmt zu sein, Essenstände überall wo man hinsieht. Ob fahrende Händler, restaurants oder mit Plastikhockern in Miniformat ausgestattete Buden, alles ist ständig vorhanden.

Gestern sind wir dann wieder nach Tran Vinh gereist, in den Süden, wo Anja arbeitet. Ein Zwei-Stunden Flug und eine vierstündige Autofahrt für 75 km später sind wir gut im Hotel angekommen. das Leben spielt sich an der Straße ab, kaum mal ein Stück ist ohne Bebauung, Ortschaften sind kaum auszumachen. Eigentlich war die komplette Autofahrt so, als ob man eine Dorfstraße durch eine Ortschaft fährt, nur das diese 70 km lang ist.

Grüße an die daheim gebliebenen, dies erstmal ein kurzes Lebenszeichen, over and out...

Mittwoch, September 02, 2009

Doppel-Premiere

Gestern hatte ich in dreierlei Hinsicht ein neues Erlebnis auf meiner Lebensliste zu verbuchen. Erstens habe ich mich, soweit ich mich erinnern kann, zum ersten Mal ohne Begleitung in ein Kino begeben. Zum zweiten war ich zum ersten Mal, obwohl ich nun schon 9 Jahre quasi um die Ecke wohne, im Brotfabrikkino und zum dritten saß ich auch noch zum ersten Mal völlig allein im Kinosaal. Ich hatte also quasi eine Privatvorführung. Zu sehen gab es "Ichi - Die blinde Schwertkämpferin" - ein Film, der die geringe Aufmerksamkeit, die man ihm schenkt, nicht verdient hat. Also, spätestens mal auf DVD angucken - wer Zaitochi von Kateshi Kitano mochte, wird auch diesen Film gut finden. Außerdem gibt es eine sehenswerte Hauptdarstellerin...

P.S.: Das Brotfabrik-Kino hat übrigens auch eine nett aussehende Kneipe, vielleicht sollte man das Ganze bei Bedarf nach neuen Trinkorten einmal antesten.

Dienstag, Februar 24, 2009

It had to be done

Lange habe ich mich davor gedrückt, sie zu sehen - die letzte finale Folge von "The Wire". Vielleicht wollte ich das Ende noch ein wenig vor mir her schieben, vielleicht noch nicht Abschied nehmen von den Charakteren, die mir ans Herz gewachsen sind und vielleicht war ich auch noch nicht bereit für die Abschiede, die es fast in jeder Folge gab, so auch im großen Finale. Nun ist es getan und neben obligatorischen "Fuck, das kann nicht wahr sein"-Gefühl wie nach jeder Folge mischt sich auch so etwas wie Abschiedsschmerz. Einer der großen Serien ist vorbei und doch hat der Plot etwas eingefangen, was woanders meist nicht spürbar ist - die Erde dreht sich weiter, das Spiel "the Game" ist immer am Laufen - nur die Protagonisten wechseln. Glücklich wer da eine Rolle über mehrere Staffeln innehaben darf.

Inzwischen betrachte ich mich schon als etwas erfahren, was Serienplots angeht. Ich habe einige gute und viele weniger gute Serien gesehen. Muster erkannt, abgeschmackte Handlungen erfasst und einfache Grundprinzipien durchschaut. Aber kaum eine Serie hat mich so gepackt wie "The Wire", obwohl es doch erst so scheint, als sei es eine übliche Police against Gangster - Story. Aber wer es darauf reduziert, hat es nicht verstanden. Vielleicht gerade wegen anfänglich ziemlich klischeehaften Strukturen packt einen die Serie und strahlt eine Authenzität und Realismus aus, wie kaum eine andere. Das Englisch tut sein Übriges, mal kaum verständlich durch die vielen Slangworte, mal hochkomplex durch juristische und politische Fachsprache. Und doch ist der Sinn, die Handlung immer zu erahnen, irgendwie fassbar und unfassbar zugleich. "The Wire" ist gnadenlos mit seinen Charakteren und hoffnungslos, wenn es um Veränderung geht. Wenn dann findet Wandel nur im Kleinen statt, ein paar Seelen, die sich retten.

Hoffen wir nur, das diese Serie wirklich Fiktion ist.

"Rules change, the game remains the same"